Warum, wie und wann erntet man Saatgut von Bäumen?
Bestimmte Waldbäume werden regelmäßig beerntet, um in Baumschulen gezielt Nachkommen von ihnen vorzuziehen und diese später pflanzen zu können. Hierbei werden die Zapfen, Fruchtstände sowie Früchte und Samen geerntet. Wichtige Kriterien für die Auswahl von Mutterbäumen sind deren Vitalität und Qualität. Bäume, die gesund und vital sind und sich an geänderte Umweltbedingungen (Klimawandel und auch Waldschäden) anzupassen vermögen, sollten beerntet und vermehrt werden. Nicht zuletzt sollen die ausgewählten Bäume auch noch eine gute bis sehr gute Leistung im Hinblick auf das Längen- und Dickenwachstum sowie die Holzqualität erbringen. Doch damit nicht genug.
Wichtig bei der Auswahl geeigneter Bäume ist auch der Gedanke der Autochthonie (Adjektiv „autochthon“). Dieser aus dem Griechischen stammende Begriff beschreibt Arten, die in ihrem jeweiligen Verbreitungsgebiet einheimisch und daher am besten an ihren Standort und die dort herrschenden Lebensbedingungen angepasst sind. Ein Beispiel: Die Nachkommen einer Fichte, die aus dem Flachland stammt, werden, in den Alpen ausgepflanzt, nicht so gut zurechtkommen.
Die Standortbedingungen in ihrer Zielregion stimmen mit denen im norddeutschen Tiefland nicht überein. Jede Baumart hat in ihrem einheimischen Verbreitungsgebiet gewissermaßen "die Nase vorn". Es ist somit aus forstwirtschaftlicher Sicht wenig erfolgversprechend, einen Baum aus Norddeutschland im Süden der Republik auszupflanzen. Fazit: Anpassung und Anpassungsfähigkeit der Bäume sind zwei wichtige Faktoren für die neue Waldgeneration!
Woher kommt das beste Forst-Saatgut für meinen Standort?
Tatsächlich sind diese sogenannten Herkunftsgebiete, die sich über ökologisch ähnliche Wachstumsbedingungen definieren, viel kleiner gefasst als beispielsweise ein Bundesland. Hier z. B. die Übersicht über die Herkunftsgebiete der Rot-Buche.
In der Forstwirtschaft ist der Zuchtgedanke bei Weitem nicht so tief etabliert wie in der Landwirtschaft. Dies liegt einerseits daran, dass man Bäume nicht essen kann. Somit wurde die „Produktion“ von Bäumen bisher nicht so optimiert wie bei Zuckerrüben oder Weizen. Andererseits sind Bäume keine einjährigen Kulturpflanzen, sondern sie wachsen viele Jahrzehnte. Deshalb dauert es deutlich länger, ihre Nachkommen auf die gewünschten Eigenschaften zu überprüfen. Oberstes Ziel ist eine hohe genetische Vielfalt der Waldbäume, auch Variabilität genannt.
In Deutschland ist die rechtliche Basis für die Produktion von Forstsaatgut das Forstvermehrungsgutgesetz in seiner Ausfertigung vom Mai 2002. Wer gewerblich mit Saatgut und Pflanzgut handeln will, ist an das Gesetz gebunden und muss eine entsprechende Anerkennung haben. Wer Saat- oder Pflanzgut, fachsprachlich als Vermehrungsgut bezeichnet, jedoch für den eigenen Wald aus dem eigenen Wald gewinnen und nutzen möchte, kann dies ohne rechtliche "Einschränkungen" tun!
Wie werden Bäume beerntet?
Da Saatgut meist von lebenden Bäumen gewonnen wird, gibt es hier zwei Möglichkeiten. Es kann zum einen mit Hilfe von Seilklettertechnik/Steigeisen in den Baum geklettert und die Zapfen/Samen dort gepflückt werden. Auch mittels Hebebühne werden immer mehr Ernten durchgeführt. Die Alternative heißt Abwarten: Die Früchte fallen zu Boden und werden dort aufgelesen. Letzteres ist bei Eicheln und Bucheckern üblich. Billiger ist es, Saatgut vom liegenden Baum zu ernten, wenn beispielsweise ein Bestand oder eine Samenplantage durchforstet werden.
Leichtsamige Gehölze wie Fichte, Ahorn, Esche, etc. werden gepflückt, schwerfruchtige Bäume wie Eiche oder Buche werden am Boden liegend gesammelt. Dies passiert entweder von Hand, mit einem vorher ausgelegtem Netz oder auch mit einem Staubsauger.
Welche Baumarten werden beerntet?
Die wichtigsten Arten, die forstwirtschaftlich beerntet werden, sind Lärchen, Kiefern, Tannen, Douglasie, Fichte, Erle, Ulme, Birke, Kirsche, Eichen, Buche, Esche, Hainbuche, Linde und Elsbeere.
Vor dem Beginn der Samenernte erfolgt die Prognose zur Samenbildung nach der Blüte. Hierbei wird bei Bäumen mit schweren Früchten zwischen Fehl-, Spreng-, Halb- und Vollmast unterschieden.
- Vollmast: > 70 %. Alle Bäume eines Bestandes tragen reichlich Saatgut.
- Halbmast: 40–70 %. Alle Rand- und vorwüchsigen Bäume tragen Saatgut.
- Sprengmast: 10–40%. Einzelbäume tragen ausreichend Saatgut.
- Fehlmast: 0–10%. Nicht ausreichend Saatgut.
Lohnenswert ist das Beernten eigentlich nur bei Halb- oder Vollmast, da hier mehr als 40 % der Bäume gut Samen tragen. Bei Bäumen mit leichten Samen wird zwischen guter, mittlerer und geringer Ernte unterschieden. Allerdings werden die Erntemöglichkeiten und Mastsituationen immer unregelmäßiger und weniger. Aufgrund der großen Nachfrage nach Saatgut und Pflanzen müssen zunehmend auch kleinere Ernten unter schwierigen Bedingungen durchgeführt werden.
Wie häufig kommen Voll- oder Halbmasten vor?
Die Ausbildung von Samen ist nicht bei allen Bäumen und in jedem Jahr gleichermaßen stark ausgeprägt. Für forstwirtschaftlich bedeutsame Arten ist im Schnitt in folgendem Maße mit der Ausprägung einer Mast zu rechnen:
Baumart | Vollmast | Halbmast | Sprengmast |
---|---|---|---|
Kiefer | 1x | 2x | 5x |
Fichte | 1x | 2x | 3x |
Douglasie | 0x | 1x | 3x |
Eiche | 1x | 1x | 4x |
Buche | 1x | 1x | 3x |
Wie viel Saatgut fällt bei einer Vollmast pro Baumart an?
Die Vollmast bei einer Fichte ergibt ca. 50 kg Zapfen pro Baum. 50 kg Zapfen ergeben 1,5 kg reines Saatgut. Aus 1,5 kg Samen lassen sich ca. 90.000 junge Fichten anziehen. Eine Fichtenkultur benötigt ca. 3000 Pflanzen/Hektar, somit reichen 1,5 kg Fichtensaatgut für rund 30 ha Fichtenkultur.
Die Vollmast bei Buche ergibt ca. 10 kg Eckern. 10 kg Bucheckern ergeben ca. 50.000 Samen. Für das Anziehen von 1000 kleinen Buchen braucht es ca. 1 kg Bucheckern, somit können von einer Buche ca. 10.000 Pflanzen gezogen werden. Eine Buchenkultur arbeitet mit ca. 2500 Pflanzen/Hektar, somit können aus einer Buche etwa 4 Hektar Buchenkultur vorgezogen werden.
Wie erfolgt die weitere Saatgutaufbereitung?
Die bei der Ernte noch geschlossenen Zapfen (Nadelholz und Erle) werden mit trocken-warmer Luft beblasen. Dadurch öffnen sich die Zapfenschuppen und geben die Samen frei. Bei Obstgehölzen und allen fleischigen Früchten muss das Fruchtfleisch entfernt werden, damit der Samen gewonnen werden kann. Anschließend wird das Saatgut gereinigt. Eicheln werden außerdem im Wasserbad von hohlen, leichten Bestandteilen getrennt. Soll das Saatgut nach der Aufbereitung eingelagert werden, muss es getrocknet und frei von Schaderregern gehalten werden.
„Vorsicht ist die Mutter der zukünftigen kleinen Bäume!“ Viele Samen unterliegen einer Keimhemmung. Diese lässt sie erst nach dem nächsten, teilweise auch erst nach dem übernächsten Winter keimen. Würden die Samen sofort keimen, könnte das in eine klimatisch sehr ungünstige Zeit fallen. Der frische Keim würde beispielsweise wegen extremer Hitze, Trockenheit oder Kälte nicht überleben.
Soll diese Keimhemmung ausgesetzt oder abgebaut werden, weil das Saatgut unter kontrollierten Bedingungen keimen soll, muss es stratifiziert werden. Beispiele sind eine Kaltfeucht- oder eine Warmfeuchtbehandlung. Bei manchen Samen muss auch die Samenschale mechanisch verletzt werden. Dies regt die Keimung des Saatgutes an. Sind all diese Arbeitsschritte ("Stratifikation") erfolgt, können die Samen ausgesät und im Anschluss verschult werden. Spross und Wurzel entwickeln sich so optimal und manche Baumarten werden bereits als einjährige Sämlinge gepflanzt.
Baumart | Erntezeitraum |
---|---|
Buche | Mitte Oktober |
Eiche | Oktober |
Fichte | Oktober-Januar |
Kiefer | November-März |
Lärche | Oktober-März |
Tanne | ab September |
Was kostet Forstsaatgut?
Preise und Ausbeuten von Waldsamen sind sehr stark von der betrachteten Baumart abhängig. Neben den Erntekosten kommen jedoch auch noch Kosten für die Erntevorbereitung z. B. das Mulchen vorab, Aufarbeitung, Reinigung u. a. Faktoren hinzu. Die folgenden Angaben können daher nur als Circapreise gelten.
Baumart | Erntekosten je kg Rohsaatgut/Zapfen | Saatgutausbeute | Preis je kg Saatgut | Pflanzenzahl je kg Saatgut |
---|---|---|---|---|
Birke | 10,00€ | 7% | 300,00€ | 200.000 |
Buche | 10,00€ | 80% | 45,00€ | 1.000 |
Douglasie | 7,00€ | 1% | 1.350,00€ | 30.000 |
Eiche | 3,50€ | 70% | 10,00€ | 100 |
Kiefer | 7,50€ | 2% | 900,00€ | 70.000 |
Weißtanne | 5,00€ | 10% | 150,00€ | 5.000 |